8/8: Acht berufliche Stationen in …. 8 Jahren

Medienanbieter verlangen jungen Arbeitnehmern viel ab.
Trifft auch für Audio zu.

Beim Lesen von Lebensläufen und beruflichen „Werdegängen“  in der Audio-/Radiobranche springt einem ein  Muster ins Auge:  lief es früher eher ‚steady‘ ab, sind heute rasche Wechsel angesagt.

Im Rahmen von zwei Teilaspekten einer Branchenanalyse  „Reichweiten und Werbung UKW vs Streaming“  und „Innovationskraft der Medienlandschaft“ (mehr dazu zu einem späteren Zeitpunkt), auf Berufsbiografien gestoßen, die viel aussagen über Einstellungen und Verhaltensmuster verschiedener Generationen.  Nicht unüblich sind heutzutage ein halbes Dutzend Jobwechsel  im Audio-Radiobereich binnen weniger Jahre und dann, wenn der junge Berufseinsteiger Glück hat,  der Wechsel zu einem – zumeist internationalen – Anbieter, der dann auch noch häufig in der Bundeshauptstadt sitzt.  Diese nehmen gerne Youngster aus dem digitalen Bereich, denn gerade von dort kommen ja auch schließlich die Wettbewerber. Von den Neueinstellungen erhofft man sich wichtige Impulse,  gewonnen aus den gesammelten Erfahrungen in den verschiedenen Stationen rund um Audio.

Schauen die Recruiter über fehlende Jahresangaben und Lücken im CV hinweg? – oder greift man auf den erfahrenen Door Opener zurück in der Person eines persönlichen Coachs? Sabbaticals und Elternurlaube sind durchaus zu finden, und diese zeigen eine gewisse Distanz der Berufseinsteiger zu konsequenten Karrierezielen und für das Besteigen einer Hierarchieleiter. Ganz spannend in diesem Umfeld  auch das häufige Kleben an dem Berliner Standort, zur Not wird auch flexibel und remote gearbeitet. Die internationale Adresse bleibt bewahrt und der relocation-Service, wenn es ihn denn gibt, wird nicht in Anspruch genommen.

Erfindet sich Radio mit solchen Biografien neu?

Ein Blick auf die CVs alt Eingesessener, lässt bei leitenden Funktionen häufig eine einzige Position erkennen, der  Marketingleiter, Senderchef oder der  verantwortliche Redakteur ist mitunter schon seit dreißig Jahren dabei. Haben diese Weichensteller den Willen und das digitale Know-How,  Neues zu fördern und zu entwickeln? Können Sie – gerade bei regionalen Strukturen – Entscheidungen bei den Gesellschaftern durchboxen? Auf jeden Fall bringen sie eine Menge Wissen und Erfahrung mit und können Vergleiche anstellen. Dies dürfte den Neueinsteigern schwerer fallen.

Denen fehlt häufig fundiertes Mediawissen und der Zugang zu den Entscheidern über Mediabudgets in Agenturen und bei den Werbekunden. Neueinsteiger haben zwar einen formal wesentlich höheren Bildungsstand als den, die Radioleute vor dreißig Jahren mitbrachten. Quervergleiche zu Geschäftsmodellen früher und jetzt mit digital getriebenen, fallen ihnen aber häufig schwer oder sind ihnen schlichtweg nicht möglich. Schenkt man den Aussagen von Personalern im Radio Glauben, schreckt die Jungen auch noch anderes ab. Hieß es vor gar nicht so langer Zeit noch „Hauptsache was mit Medien“, hat der Andrang junger Berufseinsteiger bei Radioanbietern deutlich abgenommen. Gründe hierfür sind zu finden  in der doch insgesamt heftigen zeitlichen  Beanspruchung bei den Medienanbietern und bei dem abverlangten Input. Digitale Welten erscheinen zudem attraktiver und bieten mehr Glitzer und Spielfeld. Bestätigung für diese ‚Unverbindlichkeits‘-These und eine mangelnde Work-Balance- findet man in Beurteilungen auf entsprechenden Plattformen und in Gesprächen.

Wie steht‘s mit der Zukunftsfähigkeit? Kann sich Radio mit solchen Konstellationen neu erfinden?

Die Audio-Radiobranche in Deutschland ist insgesamt recht überschaubar. Zwar ist durch die neuen Streaminganbieter die Anzahl der Stationen auf über 400 gestiegen. Die Menge  der Entscheider aber, tätig  in einem  halben Dutzend der maßgeblichen Ketten, liegt in einem zweistelligen  Bereich. Dies ist nicht viel in einer Branche, die unter 20.000 Mitarbeiter in Deutschland zählt. Der Altersdurchschnitt des Personals in diesem überschaubaren Geschäftsfeld liegt eher bei dem Durchschnittsalter der Radiohörer gesamt, was einige Frage offen lässt. Auch hier hat sich viel geändert in den letzten Jahrzehnten, früher waren die Belegschaften durchweg jung – in der jungen Privatradiowelt.

Fazit also: von unten drängen neue mögliche Impulsgeber vor, die mit angezogener Handbremse einsteigen. Oben – altersmäßig – wird mit Interesse auf neue Entwicklungen geschaut und durchaus auf technologische Entwicklungen reagiert, Stichwort Channels, Streams, Podcasts und Sprachassistenten. All diese Neuerungen verlangen hohe Investitionen. Solange Radio brummt, und dies tut es, wird die Zukunft finanzierbar sein. Letztendlich entscheidet der Hörer. Das Verständnis für ihn gewinnt man aber nicht über Hype-Begeisterung für Technik und weniger wie behauptet über Tracking und „user insights“. Die neuen Technologien  dienen alleinig als proaktiver Distributionskanal. Proaktiv, da man den Radio-Markt  nicht den GAFAS überlassen will. Die wahren Erfolgselemente  lauten BEGEISTERUNG der Hörer kreieren und die passion for radio der Macher. Dies geht über Interaktion, Mitmachen, Talk und neue Programmformate überhaupt.

Solche Transformationselemente stammen aus der Contenterzeugung , dem Programmbereich, dem produkt an sich. Personal-Incentives, eine mitarbeiterfreundliche Gestaltung der Work Life Balance, die Hilfe bei der eigenen beruflichen Entwicklung und die Unterstützung interner Betriebsabläufe – jetzt kommt IT zum Zuge – durch IT-getriebene Verfahren, sind die wesentlichen Elemente zur Attraktivierung der Medien- und Audio-/Radiobranche. Mehr dazu hier an dieser Stelle, nach Ankündigung oder einfach vorbeischauen.

Nebenbei: der Autor  dieser  Zeilen befand sich in dem genannten Lebensabschnitt auch in ständiger Suche. Volles Verständnis also für die Neueinsteiger.

Erkennt man hier Wandel und …. Flexibilität?

 

Beispiele anonymisiert. Bild: clem-onojeghuo-unsplash

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