RADIO, quo vadis? Wird uns das Radio erhalten bleiben? …

… so wie wir es kennen?

Smart Speakers ‚hot stuff‘ oder heiße Luft?

Zum Stand der Entwicklung und eine Prognose
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Es seien einmal ganz verschiedene Dinge in Zusammenhang gebracht: Ungeborene hören schon im Mutterleib und zeigen Empfindungen auf Töne. Gewisse Geräusche führen nachweislich zu einer Beruhigung des Embryos. Das Phänomen zeigt sich auch bei Neugeborenen laut einiger Studien, einmal auf der Welt, reagieren sie  auf bereits im Mutterleib Gehörtes mit ähnlichen Reaktionen. Radiopionier Bernt von zur Mühlen spricht beim Hören sogar von der „spirituellsten aller Sinneswahrnehmungen“.

Etwas anderes, kennt jemand noch spinner.com oder Netscape-Radio? So hießen die ersten Webradios Ende der 90er Jahre (natürlich gab es bei uns auch radio germany.net…). Die Menschen waren begeistert und fragten nach entsprechender Aufnahme-Software. Sie fanden es seinerzeit schade, dass sich einer der Dienste auf nur eine Stunde Kostenlosigkeit beschränken wollte.

Technik trifft auf Grundsätzliches, dem Menschen Inherenten. Was wird zukünftig Radio stärker beeinflussen: neue – und ephemäre Technikentwicklungen oder die magische Kraft des Hörens?

 

Anderes Terrain:

„Investieren, bevor die US-Jungs kommen“, so Vermarktungs-RMS-Chef Matthias Wahl.

Warum läuft es für Radio gerade so gut? Radio hat Rückenwind durch die Themen Sprachsteuerung, Digitalisierung und Entstehung vermutlicher Zukunftsmedien so der Chef des großen deutschen Radiovermarkters. Radio erfährt derzeit auch eine Renaissance, da bei einer gut laufenden Wirtschaftskonjunktur Abverkaufswerbung eine hohe Rolle spielt, und surprise!  zunehmende Skepsis gegenüber derzeitigen Formen der online Werbung dem traditionellen Medium in die Hand spielt. Bemerkenswert ist, dass in diesem Zusammenhang gerade große E-Commerce Firmen ihre Budgets im Radio erhöhen.  Auch kehren etablierte USPs von Radio wieder ins Blickfeld. Sie lauten: Reichweite, Touchpoints und Aktivierung.

Tageszeitungen mussten in den letzten 20 Jahren nicht nur in Deutschland massiv  Leser und damit verbunden Umsätze abgeben an Online.  Print leidet nicht allein, die klassischen elektronischen Medien wie TV und Radio mussten v e r m u t l i c h  ebenfalls Reichweitenverluste bei jungen Zielgruppen hinnehmen. Gründe hierfür sind zu suchen bei der Kostenlosigkeit des Contents (in welcher Qualität und Auswahl auch immer) und bei der geänderte Mediennutzung gerade junger Menschen. In einer Zeitreihe lassen sich aber solche Verluste nicht eindeutig nachweisen. In Großbritannien macht Radio laut der “MIDAS”-Studie immer noch 75% des gesamten Audiokonsums aus. Eine hohe Zahl, die bei den 15-24jährigen auf 50% abgesackt, aber immer noch beeindruckend ist. Die in Deutschland genutzten Reichweitenanalysen sind erst seit 2018 kompatibel zwischen online und UKW und DAB+. Radio – besser Audio – muss nun schauen, wie es sich der digitalen Herausforderung stellt. Funktionieren etwa die alten Rezepte: Gute Musik, starke Moderation, Abwechslung, Events und Zeitgeist nicht mehr?

 

Hier eine Momentaufnahme, die Werte für die Gesamtbevölkerung zeigt. Eine Zeitreihe über zurückliegende Jahrzehnte ist leider nicht möglich wegen fehlender Kompatibilität der Studien. Für junge Zielgruppen wie beispielsweise 14 bis 29-Jährige dürften die hier dargestellten Werte aus 2017 für Webradio wesentlich höher liegen. Sie sagen nichts aus über die Länge der Audionutzung. Live-Radio macht gemäß der genannten britischen Studie auf einem Smartphone nur 22% des Hörens aus, auf einem Laptop, Desktop oder Tablet und mit einer über Lautsprecher vorgenommenen Raumbeschallung ist es mit ca. 35 % die beliebteste Art des Audiogenusses.

Mit Erscheinen der MA 18 werden ausgewiesen: Online-Audio gesamt 4,631 Mio. Hörer pro Tag vs. Audio total 52,22 Mio., das heißt Audio aus UKW, DAB+ und Streaming kommt auf eine Reichweite pro Tag bei Personen über 14 Jahren in Deutschland von etwa 80%, was nicht eine Komplettabedeckung der Bevölkerung über 14 Jahre bedeutet aber schon ein dicker Brocken ist.

 

 

Wie antworten Radio-Stationen und deren Vermarkter auf den neuen Wettbewerb?

  1. Einfangen der Hörerschaft auf neuen Kanälen
  2. Transformation der Organisationsabläufe mit digitalen Hilfsmitteln
  3. Veredelung von Hörerdaten zur Monetarisierung

 

  1. Die neuen Kanäle lauten zum einen Simulcast, also die Übertragung von bestehenden UKW Angeboten im Internet und neue Channels, die engen speziellen Hörerwünschen und Profilen entsprechen. Deren Anzahl in Deutschland beträgt nach einer Zählung ingesamt: 586 auch mit Submarken, netto und ohne Doppelzählungen. Dem stehen knapp 300 UKW- und DAB+Sender entgegen. Andere Zahlen bietet das Mafo-Institut Goldmedia mit in 2016 2.450 gezählten Streamingangeboten. Gemeint sind hiermit andere, häufig private Einzelpersonen mit einem Sendebewusstsein, die nicht zu den angestammten anderen Gezählten gehören: 222 kommerzielle deutsche Privatstationen und knapp 60 von der ARD. Aus deutschen FM und DAB+-Radios werden 2018 voraussichtlich Umsätze in Höhe von ca. 800 Mio. €  n e t t o generiert, Instream-audio im Vergleich hierzu bescheidene ca. 40 Mio. und zum Vergleich der große Internet-Mitbewerber Amazon geschätzt 1 Mrd.!

Bemerkenswert bei der Entstehung neuer Kanäle ist die Möglichkeit über smarte Lautsprecher stark personalisierte Audioprogramme zu erstellen. Wenig Sinn macht es, diese speziell nach der Anzahl zu zählen. Es sind schlichtweg zu viele. Vom Namen ähnlich wie schon im Werbebereich – siehe nächster Absatz – werden „programmatische“ Audioprogramme auch mit KI-gesteuertem Content erstellt. Dies ist eine spezielle Subform von Streaming-Angeboten und erinnern ein wenig an bereits vor 25 Jahren bestehende Stationen, die mit 20 „Tonbandgeräten“ (ja, so hießen die Geräte) „fertiges“ Programm lieferten.

Ein interessanter Teilbereich in der Audio-Welt, wir reden nicht mehr von Radio oder Funk sondern von „audio“, stellen Instrumente wie Speech to Text und Text to Speech dar, womit Audio-Content eine Zweitverwendung finden kann in weiteren Kanälen. Ermöglicht wird hiermit auch eine tiefe Datenrecherche, die bei Audioformaten wesentlich schwieriger ist. Einmal teuer produzierte Audioschätze bleiben somit nicht unerkannt im Archiv sondern können identifiziert und einer weiteren Verwertung zugeführt werden. Auch können über eine Suchfunktion in zu Text transkribierten Texten ausgewählte Begriffe oder Muster gesucht werden. Praktisch zum Beispiel bei einer raschen Suche nach nicht erlaubtem Product Placement. Eine weitere Entwicklung stellen Sprachtransformationsprogramme dar mit denen Stimmen nach Geschlecht, Tonfall und anderen Kriterien imitiert werden. Automatisierte Sprachübersetzungen sind damit möglich. Hot stuff, wirklich. Diese Verfahren warten auf eine Umsetzung zum Beispiel im Filmgeschäft!

2 Transformation der Organisationsabläufe in den Stationen und bei Programmerstellern. Hierzu gehören neben rein technischen Büroorgansationstools, die zunehmend digital getrieben sind, die Umwandlung von Speech zu Text, wie soeben geschildert und was einen nicht zu unterschätzenden neuen Transformationsbereich und Wirtschaftszweig ausmachen wird. Ein weiteres Feld lautet Programmatic Advertising, Angebot und Nachfrage von Mediainventar und Reichweiten werden auf speziellen Plattformen automatisiert vermittelt und eingekauft. Es ergibt sich die Möglichkeit, dass bestehende Vermarkterebenen nicht mehr gebraucht und Mediaagenturen überflüssig werden. Es bestehen allerdings Zweifel bei vielen Marktteilnehmern, ob dies in den nächsten Jahren passieren wird. Gut möglich aber ist, dass Radiosender, oder die drei, vier bestehenden Audio-Vermarktergruppen wie von  RTL und Pro Sieben Sat 1 bereits vorexerziert,  bestehende Adtech- Firmen erwerben.

3 Eng verbunden mit der organisatorischen Transformation und mit Programmatik ist eine entstehende Data Management Plattform (DMP). Audio-DMP soll schon dieses Jahr in Deutschland ermöglichen, dass online Audioinventar über Listener-IDs zu taggen ist und Hörer nicht nur über Cookies sondern geräteübergreifend identifiziert werden.  Die Targetingqualität soll somit erheblich optimiert werden.  Das Verfahren ist angeblich datenschutzrechtlich konform. Ein Unternehmen wie Emetriq soll die Daten über externe Datenquellen anreichern. Gut möglich ist, dass Audio-TKPs und Einschaltpreise dadurch preislich ansteigen  und den Sendern zusätzliche Umsätze in die Kassen gespült werden.

Neu hinzukommende Player im Audiomarkt sind Alexa und Co, nämlich Sprachassistenten und Smart Speaker. Man beachte die Beilage im letzten Spiegel in der Amazon über Datenschutz und Features der Technologie. Alexa und ein dahinterstehender Smartspeaker („Heim-Zuhörer“), der „Amazon Echo“ sollen das Zeug haben, die Mediennutzung grundlegend zu verändern. Ein Drehen am Radioknopf oder das Umklicken von Sendern oder Streaminglisten entfallen, auf Zuruf machen Apps und das Endgerät was man will. Eine der Fragen lautet:  wer wird in Zukunft die Werbeerlöse bekommen, wenn der Hörer nach einem Produkt fragt oder wer wird die Werbeerlöse erhalten, wenn der Hörer sich über Alexa für den einen oder anderen Sender entschieden hat? Was passiert, wenn der Hörer die Werbung mit einem kurzen Sprachbefehl Werbung blockiert oder zu einem anderen audio-Anbieter wechselt? Amazon könnte auch möglicherweise eigene Spots vermarkten und wenn ein Hörer nach etwas fragt, einige Spots vor und nach der Antwort platzieren.  Die “alten Radio-Jungs“ müssen da aufpassen, sich nicht vom Audiofeld schieben zu lassen. Schlafen tun sie jedenfalls nicht.

Ihnen zur Seite stehen Pioniere bei den Radiomachern wie adremes, Funkhaus Nürnberg, Studio Gong, multicast-media und Antenne Frankfurt. Letzterem ist es gelungen mit einer kostenlosen „aufgeschraubten“ Facebook-App eine attraktive Senderpräsenz zu verwirklichen.

 

Ein Ausblick

Radio wird in seinen jetzigen Formaten bestehen bleiben. Dies gilt für die traditionelle Form des 1 to many mit den traditionellen Gestaltungselementen Musik, Moderation, Infos. Die Reichweiten werden nicht sinken sondern sich auf zahlreiche Kanäle verschieben. Neu hinzukommende Spezialkanäle werden auf den einzelnen Hörer zugeschnittene Programme ebenfalls aus den ‚alten‘ Standards Musik, Moderation und Nachrichten bieten. Die Audioanbieter werden zugleich immer mehr zu Contentproduzenten für andere Kanäle mit Speech to Text-Technologien. Ob smart loudspeaker wirklich eine Marktdurchdringung erfahren werden und somit zu einem Wettbewerb bestehender Vermarkter wie RMS, ARD, Gong und anderen werden, bleibt abzuwarten. Zu viele Technikhypes  – es sei erinnert an eingangs erwähnte Sauriere Netscaperadio und spinner.com –  haben sich als nicht beständig erweisen. Auch werden Audio-Chatbots zumindest zur Zeit abgelehnt, da sie als zu kalt und empfunden werden und die Beantwortungsqualität zu wünschen übrig lässt. Technik-„Narren“, die da behaupten, dass Radio in 5 Jahren in seiner jetzigen Form von Streaming überholt werde, sei die Überlegung ans Herz gelegt, dass sich mit großer Sicherheit der Radiohörermarkt nicht in nächster Zeit zugunsten Webradio drehen wird, denn rechnet man die vielen insgesamt in Audio verbrachten Millionen Hörminuten nach 10er-Jahres-Alterskohorten zusammen in den Segmenten 30 bis 39, 40 bis 49, 50 bis 59 etc. werden sich keine signifikante Veränderungen dieser Teilzielgruppen bei der Verweildauer ergeben. Immer wieder ärgerlich sind solch wenig fundierten und interessengesteuerte Behauptungen . Sie fallen eher in die Rubrik „Technikhyper, die ihr Ding hochjazzen wollen“. Grund für die Statik sind Hörgewohnheiten, die sich nicht nur ab einem Alter von 40 Jahren  wenig ändern. Und nicht anders dürfte es bei jungen Zielgruppen aussehen, die zwar mit weniger als 20% nur einen relativ kleinen Teil an der Gesamtzahl der Radiohörzeit ausmachen. Sie werden auch ihre in der Jugendzeit erworbenen Mediennutzungsgewohnheiten in audio und Radio  nicht so rasch wechseln, also doch tendenziell für klassisches Radio schwerer erreichbar sein, auch wenn vorliegende agma-Zahlen bisher eine andere Entwicklung suggerieren. (Daten ganz am Ende dieses Artikels). Mit der aktuellen Kinder- und Medien-Studie 18 wird ebenfalls die gängige Meinung, dass sich Kinder und Jugendliche klassischen Medien abwenden relativiert. Radio täglich hören kommt bei den 6 bis 13Jährigen immerhin auf 23% und folgt der täglichen Internetnutzung nur knapp mit 27%.

Branding wird nach Ansicht von Experten eine Renaissance erleben, denn ein prägnantes Sound-Logo einer Marke erreicht die zumeist heftig abgelenkten Konsumenten gut. Erst recht, wenn über die Sprachsteuerung sich niemand eine lange Reihe von Suchergebnisse vorlesen lassen will beispielsweise für ein Suchwort wie „Reisen“ oder „Autos“. Insgesamt können mit einer prognostizierten Audio-Revolution nach langen Jahren der KPIs und gezählten/bezahlten Kaufabschlüssen wieder Markenbekanntheit und Werbeerinnerung in der Werbeerfolgsmessung nach vorne rücken

Ein kleiner Scherz sei am Ende erlaubt: Recherchiert man die Quelle der Studie zu den Embryohörempfindungen stößt man auch auf eine Site, die ihr Geld mit einem Artikel aus dem FMCG verdient, das auch einer der stärksten Radiokunden vertreibt. Just dieser strich in den letzten Monaten seine Investitionen im Onlinewerbemarkt heftig zusammen. Nicht nur er hat also die Kraft von Radio verstanden.

Den social media-Experten sei gesagt, dass Radiostationen das Geld, verdient mit social media als kleines add on gleich in deren Auftritt auf diesem Kanal und in das Personal reinvestieren. Strategisch richtig ist, dass Audio seine Hörerschaft auffinden und bedienen muss, wo sie sich aufhält. Texte und Bilder im Netz sind da aber nur ein Element und Mittel zum Zweck, nicht aber die eigentliche Message. Diese lautet: Musik, Wort, Vertrautheit und Geselligkeit, Nachrichten und Information. Influencereinbindung, Themen zu Mode und digitalem ‚yellow‘ sind Mosaiksteine einer erfolgreichen Audio-Webpräsenz. Den social media und SEO-Experten sei gesagt, dass das Ziel der Radiomacher schlichtweg lautet,  das junge Publikum bei ihrer Radiomarke zu halten. Da ist Kreativität und zugleich Know-how über Programmgestaltung und Zielgruppen gefragt. Die Bedrohung des Radios wie wir es kennen, hat mit Zeit zu tun, wer viel und intensiv auf den Screen schaut, ist für lange Stunden weniger zu erreichen als der Youngster seinerzeit, der einer Hitparade lauschte und nebenbei seine Hausaufgaben machte oder einen Krimi las.

Zuversichtlich gestimmt, wird hier die Prognose gegeben, dass die  etablierte Radiobranche im gestellten Wettbewerb bestehen bleibt. Gut hinhören werden die Radiomacher sicherlich.

Radio mit seinen durchaus suggestiven und unterhaltenden Stärken wird nicht verschwinden. Es wird  vielmehr auf mehreren Kanälen und in überschaubaren Darbietungsformen weiterhin seine Stärken ausspielen. Etwas Futuristisches: Wie wäre es mit einem Hologrammbegleiter, der nicht nur Audio abspielt sondern auch alles andere erledigt? Quasi ein geboosteter Lautsprecher mit menschlichen Formen? Erstaunlicherweise sind reine Science Fiction-Modelle viele Jahre später tatsächlich Realität geworden.

Zum Verfasser dieses Beitrags: Helmut Poppe, Radiopionier mit den Stationen: Radio Petticoat-Berlin (erster deutscher Oldiesender), Geschäftsführer der Radio Tele Media-Service, Marketingleiter Vertrieb Studio Gong, Verkaufsdirektor der IPA und IP Multimedia, Marketingleitung germany.net mit radio germany.net. Er arbeitet in und an digitaler Transformation für verschiedene Unternehmen in Deutschland und im Ausland in den Branchen Sport, politische Kommunikation und Medien.

©Helmut Poppe, im August 2018

Hör- und Verweildauerentwicklung junge Zielgruppen, Quelle agma

 

Hype-Bild, Quelle: unsplash, Verena Yunita Yapi

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Die 10 Gebote – MEDIA

Digital Signage Summit, Frankfurt

Heraklits “panta rhei”, umgesetzt auf Digitalmarketing- und werbung bedeutet für Thomas Koch – Chef des Digital Out of Home-Unternehmens TKD Media – eine sorgfältige Umsetzung bestehenden Mediawissens in einer Epoche der digitalen Disruption.

Seine 10 Gebote für Media:

„#1 Thou shalt have no other Gods before me

Thou shalt not advertise in any other media than digital – unless… they traceably prove to be more effective

#2 Thou shalt not make unto thee any graven image

Thou shalt not invest into display ads, stupid! – they simply don’t work

#3 Thou shalt not take the name of the Lord thy God in vain

Thou shalt not call me only Google and Facebook – there is more to digital marketing than those two bloodsucking vampires

#4 Remember the sabbath day, to keep it holy

Thou shalt not stalk your audience 24/7, they’re real people –  give the poor folks a break or at least a frequency cap

#5 Honour thy father and thy mother

Honour thy parents print and TV – cause it’s mainly their content being distributed

#6 Thou shalt not kill

Thou shalt not kill marketing nor the love and affection of the target group towards media and advertising

#7 Thou shalt not commit adultery

Thou shalt not fuck the users nor the GDPR, nor even the Congress

#8 Thou shalt not steal

Thou shalt not steal budgets from media that prove more effective along essential chapters of the marketing funnel

#9 Thou shalt not bear false witness against thy neighbour

Thou shalt not lie about your KPIs nor the size of your FB-community

#10 Thou shalt not covet thy neighbour’s house, wife, servants, nor his ass or anything else

Thou shalt not envy thy neighbour’s media mix nor marketing success

If you follow these simple rules you will experience more success than ever before. If you even go one step further and follow the new opportunities DOOH is offering to make your campaign more successful – not in terms of weird KPIs, but in respect to measurable stuff like real sales – you will never forget the keynotes you experienced at the Digital Signage Summit in 2018.“

 

Klar, dass er als Chef der Agentur TKD | Mediaagentur für digitale Kommunikation 

Digital Out of Home besonders gut findet. Argumente findet man im beigefügten Audio-Mitschnitt zum Bespiel mit dem Berliner FluxFM.

Und wer weiß, vielleicht wird mit ihm einmal die Vision des zu einem perönlich sprechenden Hologramms wahr.

‚Normale‘ Werbung und Parteienwerbung – nicht dasselbe?

Nun, die Ziele, nämlich Bekanntheit zu schaffen und eine Entscheidung, nämlich einen Kaufakt auszulösen oder ein Kreuzchen zu setzen, sind identisch. Politische Wahlentscheidung gleich zu setzen mit einem Kauf ist nicht so gewagt wie es den Anschein haben mag. Mancher Werbeplaner behauptet sogar, dass es keinen Unterschied macht, ob eine Joghurt-Marke oder ein Politiker beworben wird. Parteistrategen dürften sich bei dieser Aussage die Nackenhaare hochstellen. Eines ist klar, eine Positionierung muss auch für politische Repräsentanten  gefunden werden. Aufgabe der Werbespezialisten ist , die Botschaft auf einen Punkt zu fokussieren und eine klare Aussage zu formulieren mit der sich Kandidaten von den anderen unterscheiden.

 

Schauen wir uns einmal einige Techniken und Verfahren der „Werbung“ an. Insbesondere die mediale Unterstützung, das Handwerk der Mediaplanung und – die aktuelle Diskussion lässt grüßen – der Einsatz von social media und  anderen Wahlunterstützern.

Die gängige Lehre nennt für Werbung drei Beeinflussungsziele in der Kommunikation: Aktualität, man muss sich ja immer wieder in Erinnerung bringen, Vermittlung von Emotionen, die ein unverwechselbares Erlebnisprofil zuordnen sollen und die Vermittlung von tiefergehenden Informationen für erklärungsbedürftige oder innovative Produkte.

An Medien stehen der Markenartikelindustrie im sogenannten Above the Line-Bereich das Instrumentarium der Oberflächenmedien wie TV, Print, Radio, Plakate zur Verfügung. Schwer messbar, da nicht vollständig im Radar der erfassenden Institute, sind Below the Line-Maßnahmen wie Verkaufsförderungen, Werbemittelzuschüsse, Handelsunterstützungen, Direkt- und Dialogmarketing und ähnliches. Rechnet man die Zahlen einmal zusammen, kommt ein stattlicher Betrag von über 30 Mrd. € alleine aus Investitionen der Markenartikler in Mediawerbung zusammen. Hier nicht oder nur ganz teilweise erfasst sind Investitionen in social media der werbungtreibenden Wirtschaft. Zudem ist es ausgesprochen schwierig annäherende Werte für Brutto-und Nettoausgaben zu ermitteln.

Eine Brutto-Übersicht der ‚spendings‘ bietet Nielsen wie hier dargestellt. Einzelne Werbungtreibende geben wie dort ausgewiesen mehrere hundert Millionen Euro pro Jahr für Mediawerbung aus mit Spots, Anzeigen, Plakaten u.a. Werbeformen.
Quelle: Nielsen

MEDIENKLASSE 2017 kum.*TEUR
ABOVE THE LINE (Summe) 31.867.880
ZEITUNGEN 4.903.012
PUBLIKUMSZEITSCHRIFTEN 3.403.877
FACHZEITSCHRIFTEN 396.184
FERNSEHEN 15.307.574
RADIO 1.915.672
KINO 159.900
INTERNET 2.992.826
MOBILE 663.147
OUT OF HOME/PLAKATE 2.124.689

Stellt man diesen doch recht gewaltigen Ausgaben – hier nicht enthalten sind Produktionskosten – die Ausgaben politischer Parteien gegenüber (aus Gründen der Vergleichbarkeit auf ein Jahr wurde ein Dreijahresdurchschnitt gebildet um den ‚Ausreißer‘ Bundestageswahl 2017 zu berücksichtigen), sieht man welche geringe Rolle Werbung  und insbesondere Media bei Parteien spielt. Gründe sind schlichtweg deren fehlende finanzielle Ressourcen. Im Vergleich zu Mediawerbung der großen Marken beträgt der Anteil für politische Werbung im Jahresdurchschnitt nur wenige Promille (Politische Parteien 37,15 Mio. € vs. 30 Mrd. € von Marken). Auf den Stellenwert Internet und Mobile, der bei der Markenwerbung über 11% (eigentlich reichlich mehr, da US-Anbieter deren Umsätze nicht ausweisen) ausmacht, wird später in diesem Beitrag eingegangen.

Werbe- und Kommunikations-Ausgaben politischer Parteien im
Jahresdurchschnitt 2015  bis 2017** in Tsd. Euro

MEDIA 37.150
GESAMT/SCHÄTZUNG** 42.010,0
ZEITUNGEN 12.000
PUBLIKUMSZEITSCHRIFTEN eher 0
FACHZEITSCHRIFTEN eher 0
FERNSEHEN *** 2.650
RADIO eher 0
KINO 5.000
INTERNET 9.000
MOBILE eher 0
OUT OF HOME/PLAKATE 8.500
WERBEBRIEFE, HANDZETTEL 1.500
VERANSTALTUNGEN 3.300
CANVASSING** 10
GIVE AWAYS 50
*** Selbstkostenregelung bei Privaten,
BTW 17 ca. 8.000

In diesen Zahlen wurden Kommunalwahlen (hier vornehmlich out-door und Tageszeitung als klassische Medien), Landtagswahlen und die Bundestagswahlen 2017 berücksichtigt.
Quelle: © Helmut Poppe, poppe-media, 06.18,
eigene Berechnungen

Konzipiert und platziert wird die nationale Werbung der Parteien durch 5 Werbeagenturen, die ansonst Handelskunden oder große Marken betreuen. Bemerkenswert ist hierbei, dass jüngst klassische Werbeagenturen zunehmend Interesse an politischer Kommunikation und an Neugeschäft aus diesem public-Bereich zeigen. Die von den Werbeplanern in politischen Parteien „gefühlte“ Effizienz der einzelnen Kommunikationsinstrumente liegt erstaunlich hoch bei Maßnahmen wie Tür zu Tür-Besuchen „Canvassing“, persönlichen Briefen und bei Veranstaltungen. Als wirksam empfunden – und angesichts niedriger absoluter Kosten – werden auch social media-Plattformen wie Facebook, Pinterest und Twitter genutzt.

 

Parteienwerbung
„gefühlte“ Effizienz                 1 bis 5 (hoch)
ZEITUNGEN 4
PUBLIKUMSZEITSCHRIFTEN 2
FACHZEITSCHRIFTEN 2
FERNSEHEN 5
RADIO
KINO 3
INTERNET 4
MOBILE 3
OUT OF HOME/PLAKATE 4
WERBEBRIEFE, HANDZETTEL 5
VERANSTALTUNGEN 5
CANVASSING 5
GIVE AWAYS 4

© Helmut Poppe, poppe-media, 06.18

Eine jüngst vorgenommene eigene intensive Recherche bei Planern und Strategen in Parteien zeigte Erstaunliches: sentiment analysis, „Algorithmen-gesteuerte“ Kampagnen – und Anspracheplanung, big data/analytics, auch programmatic political advertising, ähnlich wie in der Online- und zunehmend in der klassischen Medienwerbung, sind eine Mähr in Deutschland – sie gibt es in der politischen Kommunikation und Werbung (noch) nicht. Gründe hierfür sind zum einen die Skepsis gegenüber solchen Techniken bei den Medienmarktführern und bei Werbungtreibenden, fehlende Effizienznachweise und …. nicht bestehende Interdisziplinarität. Den politischen Kampagnenplanern fehlt der Zugang zu den „programmatic Nerds“, und diese können oder wollen nicht ihr Instrumentarium außerhalb der Absatzförderung oder nur für Forschungszwecke einsetzen.

Wer kennt sie nicht, die Briefe von Versicherern, Möbel-oder Modeanbietern, in denen man an aktuelle und für einen persönlich zugeschnittene Angebote erinnert wird? Die werbungtreibende Wirtschaft verstärkt nur leicht ihre Ausgaben in sogenannten Dialogmedien – gemeint sind damit unter anderem Briefe. Insgesamt macht aber dieses Marketing-Instrument einen erheblichen Anteil (fast 50%) der Ausgaben im Kommunikationsmix von Wirtschaftsunternehmen aus. Wenn Parteien dieses Tools nutzen, liegen sie wohl nicht falsch.

 

Die Abweichung der Bruttowerte i. Vgl. zu vorherigen Tabellen erklärt sich u.a. durch Brutto-Nettoberechnung und Produktionskosten.

Quelle: Horizont26/2018

Defizite politischer Parteien bestehen bei dem Nutzungsnachweis der Nutzung digitaler Kanäle – womit sie nicht allein stehen. Nicht nur der größte FMCG-Anbieter fordert verlässliche Reichweiten- und Nutzungsnachweise  und droht mit einem Ausstieg aus „digital“.  Dennoch liegen die Ausgaben politischer Paerteien für Kommunikation und Werbung im Internet mehr als doppelt so hoch im Vergelich zu Marken. Und dieser Anteil wird in den nächsten Jahren durchaus noch steigen zu Lasten von Print. Gar nicht revolutionär ist die Vision, dass spezielle Bewegtbild-Features und  Audio-Podcasts ihren Eingang in der politischen Werbung finden werden.  Dies kann sich gerade für Millennials lohnen. Content gibt es reichlich, der Cyber-Kanal ist nicht kostenintensiv, Bewegtbild und zeitversetztes Audio kommen bei jungen Zielgruppen gut an, bei diesen gilt ‚mobile screen first‘.   Fantasie und Kreation sind gefordert … und auch Gespräche mit den neu entstandenen Contentportalen bisheriger reiner eCommerce- Anbieter und warum nicht, mit dem neuen Bewegtbildangebot von Instagram namens IGTV.

Auch sollten Mediaplaner für politische Kampagnen  das gute alte UKW-Radio – ein typisches Abverkaufsmedium und sehr gut geeignet für kurzfristige Aktualisierungen –  in ihren Excel-sheets wieder mit aufnehmen. Das Medium ist tagesaktuell einsetzbar, wofür in der politischen Kommunikation sehr häufig Bedarf besteht, es  funktioniert in regionalen oder lokalen Plänen zu günstigen relativen und absoluten Kosten (TKPs und GRPs).

Eine hoch innovative Werbeform des Out of Home wurde im letzten nationalen Wahlkampf in Frankreich durch den Kandidaten Luc Mélenchon eingesetzt. Mit Hologrammen trat er virtuell und fast lebensecht zeitgleich auf unterschiedlichen Bühnen auf. Hiermit beweisen Kandidaten Innovations-willen und digitale Affinität.

Originalität und frechen Innovationsgeist demonstrieren werbende Unternehmen und bisweilen die Politik mit Guerillamaßnahmen und -Werbemitteln. Diese erzeugen einen ‚Hinguckeffekt‘, tragen zur Markenbekanntheit bei, sind kostengünstig, zielgruppengenau planbar und erzeugen  hohe Sympathiewerte.

 

Wer wohnt hier?


Bild: Landon Martin

Ein interessanter Aspekt stellt die Frage der Adressenverwaltung und Auswertung im Rahmen von Canvassing-Apps dar. Lief früher ein Wahlkämpfer von Tür zu Tür und machte sich hinterher auf einem Zettel Notizen, können papierlose Planung, Durchführung von Gesprächen und deren Auswertungen in digitaler Form ein heißes Eisen sein.

Empfehlungen für die Konzept- und Budgetplanung Kommunikation und Werbung politischer Parteien lauten somit:

  • Profiling schärfen
  • Wählerbindungsinstrumente einsetzen
  • Dialogmedien nutzen
  • Für junge Zielgruppen streaming-Formate erstellen und dort
  • (falls Möglichkeiten vorhanden) werben
  • UKW wieder neu und Audio-Podcasts als wirkungsvolle Medien entdecken

Wenn Wirtschaftswerber, Prospektaussender und Handelsketten Verfahren der Profilerstellung selbstverständlich nutzen, müssten sie eigentlich auch politischen Parteien offen stehen. Politische Einstellungen und Kaufabsichten sind dann offensichtlich doch zweierlei und nicht dasselbe in Deutschland.

© Helmut Poppe, poppe-media, 06.18

 

Aus dem Maschinenraum: KI, Sprachen und maschinelles Kauderwelsch

„Die Zone muss gegen Kampfkatzen verteidigt werden“ ruft eher Unverständnis oder ein Lächeln hervor als dass  zum  Weiterlesen animiert wird. Wenn dann auch noch von einer „Gesellschaft“ statt Firma gesprochen wird, dämmert einem, es könnte sich um einen maschinell übersetzten Text handeln.

Eigentlich hat solch ein Verfahren aber seinen Charme und wird möglicherweise nicht nur unsere Befangenheit im Umgang mit native speakers im Ausland lockern, automatische Übersetzer haben auch eine ganz erhebliche Auswirkung auf Schule und Unterricht. Nämlich fast die Hälfte der in Schulen verbrachten Zeit mit entsprechenden Stundentafeln wird Sprachen gewidmet. Und Fremdsprachen immerhin ein Viertel. Gibt das vielleicht Raum für andere Disziplinen (wie Kompetenzerwerb im Umgang mit digitalen Medien?)

DeepL, ein Kölner Unternehmen, will  leistungsfähiger sein  als die Konkurrenz von Google, Microsoft und Facebook. Zuvor hieß das Unternehmen linguee und mit dessen Übersetzungsergebnissen kamen über die Jahre eine große Menge Trainingsdaten für das neuronale Netz von DeepL zusammen. Neuronale Netze sind eine Form  künstlicher Intelligenz, die sich fortlaufend selbst verbessert und  lernfähig ist.

Praktisch ist das Ganze jetzt schon. Abgesehen von der beschwerlichen Übersetzungsarbeit werden durch Eingabe in ein Textfeld binnen einer oder zwei Sekunden fremdsprachliche Texte schnell erzeugt, die einem nicht nur die intellektuelle Herausforderung des Übersetzens sondern vor allem zeitaufwendiges Tippen ersparen. Ein Gegenlesen oder besser eine Überprüfung durch  Muttersprachler und eine anschließende Korrektur schlecht übersetzter Passagen ist auf jeden Fall anzuraten. Damit aus dem „kraulenden Schwimmer“ keine „Kampfkatze wird“ (der Sprachcomputer hat schon skurrilen Humor, grins).

Hier Übersetzungsbeispiele aus dem wirklichen Leben und anlässlich des ersten Mai:

Originaltext auf Deutsch von Bettina Weiguny FAS vom 29.04.18:

„Sehr geehrte Personalabteilung, unser Freibad hat wieder geöffnet, der Himmel leuchtet schwimmbadwasserblau, die Sonne kitzelt meine Zehen, und Hannes hat schon unsere Jahreskarte gelöst. Was Sie das interessieren muss? Nun ja, Montag muss die Firma ohne mich auskommen. Die ersten Stunden im Freibad sind die schönsten. Und die wichtigsten. Das Revier muss markiert werden gegen die Oma-Schwimmerinnen und Kampfkrauler. Einmal zu zaghaft, und die ganze Saison ist versaut. Kurz und gut: Ich geh’ schwimmen. Bis Mittwoch!“

Hier eine Rückübersetzung ins Deutsche von teilweise missverständlichen Textteilen, die auf Französisch automatisch übersetzt wurden.

„….Unser Außenschwimmbad ….was muss das Sie interessieren?“ (gibt es als Redewendung nicht) … „die Gesellschaft wird auf mich verzichten müssen“.. .“Die Zone muss markiert (begrenzt) werden…. gegen die Kampfkatzen„.

Die automatische Übersetzung ins Französische wie soeben dargestellt, (wird beim Muttersprachler nicht verstanden werden, entsprechende Passagen kursiv ):

„Cher service du personnel, notre piscine extérieure est de nouveau ouverte, le ciel est bleu, le soleil me chatouille les orteils, et Hannes a déjà acheté notre billet annuel. Qu’est-ce qui doit vous intéresser ? Lundi, la compagnie va devoir se passer de moi. Les premières heures dans la piscine extérieure sont les meilleures. Et le plus important. La zone doit être marquée contre les grands-mères nageuses et les chats de combat. Un trop timide, et toute la saison est foutue. Bref, je vais nager. A mercredi !“

Übersetzt durch  www.DeepL.com/Translator

Eine Übersetzung ins Englische zeigt ähnliche Schwachstellen:

„granny swimmers and fighting cats“.

Trotzdem und erst recht: Viel Erfolg nach Köln! Wir warten auf den im Hemd eingebauten Translator (keine Schwarzenegger-Stimme bitte)

 

Bild: unsplash, Romain Lavigne

Startups Anonymous: „Stimmung ist schlecht. ….

…Alles mühselig. Trinke zu viel.“

Spencer 2 im Zeit-Kommentar meint dazu:

„Das Unternehmerdasein ist schwer und risikobehaftet. Das muss jeder wissen, der sich darauf einlässt. Es bedeutet 80-Stunden-Wochen und man kann jederzeit in der Pleite enden. Oder als Millionär…“

und Cave Felicitas kommentiert den Zeit-Artikel: „Man stellt sich hin, erzählt von einer tollen Idee und glaubt, dass es schon irgendwen gibt der dafür Geld hergibt und so einem das schöne Leben als Unternehmer bezahlt.

Nur so ist es nicht.“

 

Learnings eines Seriengründers zusammengefasst: „Schafft was Gescheites!“ Ein bisserl hart ist das schon, aber gut gemeint.
Insgesamt  mehr als die Hälfte der beruflichen Zeit hat er  in Neugründungen verbracht in führenden Positionen.

No1. Gründung einer Schwestergesellschaft im Medienbereich, Ergebnis: mit alten Hasen und in den 90ern lukrativ aber mit eher langweiliger Perspektive.

No.2. bei einem der ersten ISPs in Deutschland: mit altem Marketingverständnis weiterhin lukrativ, störend nur die new economy- Leute mit irritierenden Ansätzen, die man nicht verstehen wollte (Hätte Sinn gemacht, denn social media, streaming etc. wurden vorweggenommen. Wichtige Erkenntnisse außer Acht gelassen).

No3: echtes Startup, voller Flop. Als Gf. Stress mit Staat, Versicherungen etc. Tumbe CIO-Vollmundigkeit  kennen gelernt. Diese machten sich aus dem Staub  und wirken als kleine Mäuse woanders. Einigen startups  griff er unter die Arme beim business development , machte Türen auf, entwickelte Projekte.  Nur, es fehlten Input und Konsistenz einer diffusen Hierarchie, die den  Druck der Geldgeber durchreichte. Ab und an betriebsame Hektik oder Tischfußball.

Anschließend big change: Digitales in die öffentliche Hand gebracht – nun denn …. trotzdem positiv.

 

Learnings: ihm entsteht der Eindruck, dass sehr viele der Startuppers aus einem familiären Umfeld kommen, das es ihnen erlaubt, Zeit zu vertrödeln und sich finanziell eine Zeit lang  über Wasser zu halten. Die Entscheidung, sich in einem traditionellen Unternehmen als Anfänger einzurichten, wird vertagt. Lebenszeit wird vergeudet zumeist in Angebote, die früher auf einen Abrisszettel in der Ecke des Supermarkts gepasst hätten. Ein ganz erheblicher Anteil der ach so innovativen Geschäftsmodelle geht in Bereiche, die Vermittlung, social und ecommerce bedienen. Der Anteil der Wertschöpfung aus diesen Sektoren ist im Vergleich zu  den 5 Megathemen relativ bescheiden.

Er meint: Der digitale Wandel ist epochal, stimmt. Innovativer Treiber zu sein, ist prima. Energie aber ins wahre Geschäft zu stecken lohnender. Nur Mut Leute there is real life beyond „table soccer“!

 

eHealth am Arm

Dieser Blog beschäftigt sich mit den fünf Megatrends, die sich durch den digitalen Wandel ergeben. Sie lauten: Bildung – Forschung, Medien, “social“, Robotik – Maschinen und  Gesundheit .

eHealth und serious health gewinnen in einer älteren und in einer zunehmend Gesundheits- und Sportbewusst werdenden Gesellschaft an Bedeutung. Ein Grund, sich einmal mit Gesundheitsbändern und Health-Trackern zu beschäftigen.

In diesem Beitrag geht es um sogenannte  Fitness-Tracker, die gemäß einer Meldung des Verbandes  Bitkom im Jahr 2016 bereits von einem Drittel der Bevölkerung genutzt wurden. Zur Verfügung stehen solche Messgeräte  zusätzlich via Handy geschätzt mehr als der Hälfte der deutschen Bevölkerung.

Getestet wurde ein Wearable, das sich im unteren Preissegment des umfangreichen Marktangebots liegt und von einem bekannten deutschen Anbieter von Elektronikgeräten vertrieben wird.
Einrichtung und Registrierung, Umfang der Leistungsmessungen, Sicherheit und Verlässlichkeit werden hier geschildert.

Einrichtung und Registrierung

Bestellung und Empfang des newgen medicals Fitness-Armbandes erfolgten problemlos über die Homepage des baden-württembergischen Anbieters pearl.de.

Die Batterie der Gesundheitsuhr war bereits zu 75% geladen, auf eine Vollladung wurde in der Eile verzichtet statt die einigermaßen übersichtlich gestaltete Bedienungsanleitung aufmerksam durchzulesen. Richtig ist nämlich, das Armband am oberen Ende durch Drehung zu lösen, damit wird der USB-Teil geöffnet, den man an PC oder Ladegerät einfach anschließt. Es wird versprochen, dass der kleine Akku eine Woche Energie bereitstellt. Dies war in dem Testdurchgang nicht einzuhalten, es wurde halt viel mit dem Licht- und Heartbeatsensor umgegangen. Die Kapazität ist aber durchaus ausreichend. Das Gerät liegt leicht am Handgelenk an, etwas fummelig erfolgt das Schließen des Bandes. Es ist durch einen Knopf am Ende gegen ein unbemerktes Abgleiten und Verlust  gesichert. Die Außenwirkung kann man durchaus als stylisch bezeichnen. Die Verbindung via Bluetooth mit einem Smartphone erfolgte problemlos.

Korrekte Uhrzeit und Datum lassen sich nur einstellen, wenn das recht schmale Band (Vorteil gegenüber anderen teils wesentlich teureren und dickeren Wearables) mit einer App, die für Android und IOS zur Verfügung steht,  kostenlos  herunterlädt (Wearheart).  Aus dem Playstore wird – wie soll es auch anders sein – gleich unter Vollberechtigung der Zugriff auf Daten im Mobilgerät eingerichtet. Durch Anklicken in Einstellungen, lässt sich dieser impertinente Zugriff, der für die meisten  gewünschten Optionen überflüssig ist, abstellen. Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie selbstverständlich App-Anbieter ihr Geschäftsmodell mit sensiblen und im Gesundheitsbereich erst recht wertvollen Verbraucherdaten auffüttern wollen.

Umfang der Leistungsmessungen

Die Oberfläche der App umfasst die Bereiche „Sport“, „Gesundheit“, „Pflege“ und „Mein“.

Im Sport-screen werden die Anzahl der erfolgten Schritte (auch in Prozent gemessen am eingestellten eigenen Zielwert) ausgewiesen.

 

                                                                Fleißig marschiert

 

Mancher Zeitgenosse ist neugierig zu sehen, wie oft und mit welcher Qualität geschlafen wurde. Den Einblick in Morpheus Welten ermöglicht die App.  Von Schlafstörungen Geplagte, finden in der App eine Aufzeichnung ihrer Schlaf-und Wachphasen. Schlafdefizite lassen sich identifizieren und eventuell auch deren externe mögliche Auslöser. Was neuerdings auf den Markt kommende Gehirnstrommesser können, wird man später sehen. Ein kleiner Hinweis am Ende des Artikels.

 

Hilfreich war der Umstand, dass sich die Fitness-Uhr beim nächtlichen Aufstehen kurz einschaltet und einem den Weg durch das Dunkel für wenige Sekunden erhellt.

Nach Feiern schläft sich‘s häufig schlecht

 

Ausgesprochen spannend und hilfreich – alleine hierfür lohnt sich schon die Anschaffung dieses Fitnessbandes, ist der Bereich „PPG HR“. Hier lassen sich die nachts und tagsüber registrierten Herzfrequenzen ablesen, was man noch genauer  im Bereich „Gesundheit“ identifizieren kann: ECH HR (bpm=Herzfrequenz), ECG Blutdruck  und EKG mit HRV-Analyse. Viel hängt hier davon ab, dass eine korrekte Kalibrierung durchgeführt wird mit einem anderen Gerät. Bei der Messung der Herzschlagfrequenz bestanden anfangs einige Zweifel, bei  der Korrektheit der angezeigten Werte. Diese wurden nach mehrmaligem Gegencheck manuell und mit anderen Messgeräten verifiziert und für ok befunden. Abweichungen bei den Blutdruckwerten ergeben sich wohl durch unterschiedliche Anbringung der Vergleichsgeräte. Spannend ist die EKG-Aufzeichnung, wenn man die App nutzt.  Im Web kursiert die Erzählung von der Rettung einer vermeintlich von einer Herzattacke betroffen  Flugpassagierin. Mit Hilfe eines Smartbandes und einer angeschlossen Smartphones erwies sich der Verdacht als unbegründet– eine Notzwischenlandung war somit nicht nötig.  Zur Bewertung der EKG-Daten sollte man auf jeden Fall einen ärztlichen Spezialisten konsultieren. Dass Laien die Interpretation anderen überlassen sollten, müsste der Anbieter eindeutig anmerken, einen entsprechenden Hinweis fanden wir in der Bedienungsanleitung nicht.


Kann Leben retten

 

Der allgemeine  Gesundheitszustand des Trägers ist ablesbar in der App unter „HRV-Gesundheitsindex“

 

 

Doch recht fit

 

Die  Menürubrik „Pflege“ ist missverständlich. Hier geht es offensichtlich um Vergleiche mit Fitness-Freunden. Den Zugriff hierauf haben wir ausgeschaltet.

Last not least sind im “mein-Bereich“ die üblichen Nutzereinstellungen und die Verbindungsaufforderungen einzustellen. Dort gaben wir natürlich einen Fake-account ein. Die Uhr  zeigt im Alleinbetreib, also ohne permanenten  Anschluss an ein Smartphone oder Tablet, Uhrzeit und Datum, Anzahl der Schritte, verbrauchte Kalorien, zurückgelegte Kilometer, Herzfrequenz und Blutdruck. Bei aller Vorsicht gegenüber Messgenauigkeit, Kalibrierung und Interpretation dieser Vitalwerte zeigen diese doch mehr als nur Richtwerte und können wohl schon fast eine Dauerblutdruckmessung bei Einsatz der App auf einem Handy/Tablet teilweise ersetzen. Hier hätten wir uns aber einen Warnton bei einer Überschreitung von Grenzwerten gewünscht.

Neben der erwähnten “Taschenlampen“-Funktion informiert das Fitness-Band mit einem dezenten Vibrieren im Handgelenk über eingehende Telefonate im angeschlossen Handy. Im Display der Uhr zeigt sich die Telefonnummer des Anrufers. Nicht verschwiegen werden soll, dass mit dem Handy das Band gesucht werden kann, umgekehrt mit der FitnessWatch das Handy wohl auch. Verbraucher kennen häufig nur zum Teil die vollen Funktionsumfänge ihrer Smartphones. Möglicherweise war es wohl auch so bei dem  newgen NX-4393. Nicht ganz sicher, waren wir uns nämlich, ob wir alle Funktionalitäten genutzt haben. Die Fitnessuhr wurde an einem Galaxy S-7 angeschlossen und einige Messwerte auch hiermit verglichen wie zurückgelegte Entfernungen, Schritte, Kalorien. Das Samsung-Gerät weist zudem die O2-Sättigung über einen am hinteren Teil angebrachten Sensor aus.

Weitere neue Anbieter von “Serious Health devices“  lauten: Wiwe-System der dänischen Firma Cortium, Cardiosecure Active und Looxid VR. Deren Kosten liegen in ganz anderen Dimensionen.

 

Gesamtbewertung

Wir wünschen uns volle Wassertauglichkeit und Stoppsignale bei einem Überschreiten von Herzfrequenzen oder Blutdruckwerten. Das Fitness-Band ist leicht zu tragen und zu bedienen. Es gibt einen guten Überblick über wesentliche Gesundheits-Messkriterien.

Für einen Preis von knapp 70 € ist der Kauf eines  newgen medicals FBT-105 Fitness-Armbandes mit Blutdruck-Anzeige (Bestell-Nr. NX-4393) durchaus eine Empfehlung.

 

 

 

 

Club des Affaires de la Hesse fragte: Frankfurt „Start-up-Hochburg?“

Frankfurt „Start-up-Hochburg?“ 

Der Club des Affaires de la Hesse fragte Donnerstag, ob Frankfurt ein  attraktives Umfeld für neue Digital-Unternehmen bietet. Antworten auf
« Francfort future pépinière de start-up ?“ gab Sebastian Schäfer, Geschäftsführer des Tech Quartier.  Dieses ist neben zumindest 5 weiteren Start-up-Bürogemeinschaften am Main ein Leuchtturm der hiesigen Szene und bietet jungen digital getriebenen Unternehmen  Infrastruktur und Büros auf zwei  Etagen im Pollux-Gebäude neben der Frankfurter Messe. Die Büromieten liegen ihm zufolge zwischen 130 und 350 € im Monat.

Zwar stammen ein Großteil der Unternehmensgründungen aus dem Umland und sind nicht internationaler Herkunft, aber Hessen bietet neben mehreren Clustern im eHealth- vor allem solche, nicht verwunderlich,  aus dem Finanz-Bereich. Von der Öffentlichkeit und selbst von den Medien nicht registriert, wurde die Übernahme eines hiesigen Start-ups namens 360t.com  für … mehrere hundert Millionen Euro. Dieses junge Unternehmen – gehört wie viele andere, nicht verwunderlich am Standort Frankfurt, zur Fintech-Branche. Ein weiteres attraktives Cluster in Hessen stellt die eHealth-Branche dar, und hier in Rhein-Main haben einige französische Pharmaunternehmen Niederlassungen.  Das Tech Quartier zeigt in einem Masterplan Schritte auf, die den Stellenwert des Digitalstandortes Rhein-Main entschieden in mehreren Schritten verbessern soll: Aufbau von Talent-Netzwerken, Konferenzen und Austausch zwischen Hochschulen und Kapitalgewinnung unter anderem international..

Gemäß einer internationalen Studie „Genome“, die Attraktivität und Bedingungen der Städte für Existenzgründer vergleicht, ist Frankfurt ist neben Berlin die einzige deutsche Stadt, die es in die Top 50 geschafft hat. Im weltweiten Ranking stehen das Silicon Valley, New York und London an der Spitze.

 

Hessens Wirtschaftsminister Al Wazir verkündete am Donnerstag, dass in den nächsten 5 Jahren zwischen 15 und 20 Millionen Euro in ein  Förderprogramm fließen und die Anzahl der Start-ups in der Region von insgesamt 300 auf 1000 ansteigen soll. Weitere erhebliche Mittel  werden aus anderen Quellen erwartet. Stadt und Umland böten als Verkehrsdrehscheibe, als bedeutender Finanzplatz und mit dem größten Internetknoten der Welt gute Voraussetzungen für die Herausbildung eines blühenden Gründer-Ökosystems.

 

Eine Frage, die sich im Club des Affaires stellte, lautete, welche Rolle Frankreich und Deutschland bei dem Digitalen Wandel einnehmen. Zwar ist es bisher häufig so, dass junge Unternehmen in beiden Ländern und  in deren frühen Unternehmensphase meinen, erst einmal Wichtigeres  tun zu haben als sich um eine internationale Expansion zu kümmern. Sie werden aber in einer bald kommenden Phase sich um Internationalität, neue Märkte, Kunden und um Mitbewerber im Ausland kümmern müssen. Nicht umsonst, erschienen im Pollux letzten Donnerstag schon Vertreter und Scouts aus einer Spezialabteilung einer französischen Behörde.

Transformer – Nerd – PR treffen sich

Die Frage, die sich nun stellt: Wird Rhein-Main zukünftig zu einem europäischen Silicon Valley mit den Schwerpunkten Fintech- und eHealth? Bonne chance und bon courage!

 

Es gab – ganz gegenständlich –  gutes Bier aus der ältesten Brauerei Südhessens: Glaabsbräu, amuse gueules, interessante Gespräche rund um Digitale Transformation und reichlich Gelegenheit zu „résotage“ und Netzwerkerei. Merci  à toutes tous.

 

Geld unterhält die Welt

Schaut man sich die enormen Summen an,  welche  in TV,  Radio und – wenn auch schwer nachvollziehbar in manche Online-Medienportale  wandern –  lohnt sich der Blick auf die Verteilung nach Anbietern, um sich ein Bild über die Dimensionen und das  Preis-Leistungsverhältnis zu machen.

ARD und ZDF erhalten pro Jahr über  9 Milliarden Euro für ihre Dienste. Ein schon fast verschwindend klein zu nennender Teil  rührt hierbei aus Umsätzen der  Werbung  nämlich 6%.  Der Löwenanteil der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Hörfunk- und Fernsehprogramme stammt mit einem Anteil von 83% aus den Gebühreneinnahmen.  ARD und ZDF erwirtschaften aus der Fernsehwerbung  pro Jahr 326 Mio.  Euro netto (Goldbach-Landesmedienanstalten-Studie), die ARD in deren Hörfunkprogrammen 216 Mio. . Dahinter steckt ein hoher  Verwaltungs- und Regulierungsaufwand was die verschiedensten Zeitkontingente der neun  ARD-Werbefunkverbände,  die Verwaltung und Vermarktung anbelangt. Nicht verwunderlich ist, dass die privaten Audio- und Bewegtbildanbieter über die öffentlich gestützte Konkurrenz nicht sonderlich erfreut sind. Einige hiervon verlangen sogar eine Befolgung deren ursprünglichen Aufgaben nämlich zu informieren, zu bilden und zu unterhalten  – und zwar in dieser Reihenfolge. Eine Diskussion, die seit dem Beginn der Privatfunkära besteht.

Gerne würden es die privaten Hörfunk Anbieter sehen, wenn die ARD auf Werbung in ihren Programmen verzichtet. Und diese Überlegungen hier,  nicht nur um  die gewaltigen Dimensionen aufzuzeigen sondern auch um das Preis-Leistungs-Verhältnis der Öffentlich-Rechtlichen zu hinterfragen. Ist es denn tatsächlich nötig, dass jeder einzelne der neun regionalen Anbieter der ARD vier oder mehr eigene Regional- und  Zielgruppenangebote produziert und ausstrahlt? Es ist wahr, dass dort durchaus redaktionell gute Angebote produziert werden, aber sollte man nicht kulturell, regional oder an Altersgruppen ausgelegte Angebote besser national zusammenfassen? 60 bestehende Angebote lassen sich auch in 50 oder 45 Programmen darstellen. Die Gesamtkosten würden  somit um 5% bis 10 % reduziert, was immerhin einige hundert Millionen Euro pro Jahr ausmacht. Diese Anmerkungen werden von dem Beitragenden dieses Artikels, einem ehemaligen Vermarkter von Hörfunkangeboten zugleich privatwirtschaftlich und öffentlich-rechtlich gemacht.

In der Schweiz gibt es derzeit eine Diskussion, ob die Zwangsabgabe für öffentlich rechtliche Anbieter abgeschafft werden soll. Der Aufwand ist hoch, um Programmangebote zu gewährleisten  in den vier Sprachenregionen  der Schweiz. Hier stößt unter dem Stichwort „No Billag“ die Zahlungsbereitschaft, 365 € im Jahr zu berappen auf Widerspruch. Befürworter der Initiative empfinden die „Billag“ als Zwangsgebühr und Bevormundung der Bürger.  Sie werfen dem „ Koloss STG“ vor, trotz des vielen Geldes ein qualitativ mittelmäßiges Angebot zu produzieren. Aktuellen Befragungen zufolge spricht sich aber ein Großteil der Schweizer für ein Beibehalten der Rundfunkabgaben aus. Diese sind dreimal so hoch wie die hiesigen und auch  kaufkraftindiziert weit über den deutschen Monatsbeiträgen von 17,50 €.

Deutschland erfreut sich eines sehr tiefen und qualitativ hohen Medienangebotes. Das sieht man nicht nur bei den klassischen elektronischen Massenmedien sondern auch besonders bei  dem bestehenden Printangebot. Unsere Tageszeitungen verlieren leider zunehmend ihre Leserschaft und entsprechend Vertriebs- und Werbeerlöse. Sogenannter Paid Content in den  epaper-Ausgaben macht diese Verluste nicht wett. Hier spielt der Wettbewerb  um Zeit, Aufmerksamkeit und Werbeerlöse eine große Rolle. Der Vorwurf des Printlagers  eines fehlenden Fairplays gegenüber Content-Aggregatoren wie Suchmaschinen ist verständlich.

Qualität hat ihren Preis. Aufgabe der Verleger ist, dies den Konsumenten klar zu machen, Aufgabe des Gesetzgebers, unfairen Wettbewerb zu verhindern.

Dass in Deutschland niemand unwissend sein muss, lässt sich mit einer zum Glück bestehenden Einrichtung belegen: Den Stadtbibliotheken. Eine Jahresmitgliedschaft kostet durchaus nur sehr überschaubare 20 €. Hierfür bekommt man  neben qualitativ guten Büchern, Tageszeitungen und Wochenmagazine. Kennt man deren Jahresabogebühren von vielen hundert Euros, sieht man den Wert solcher Einrichtungen des Lesens nicht nur auf der Kostenebene. Hier wird außerdem nicht nur „gebildet“ sondern auch unterhalten. DVDs gehören auch zum Angebot.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Radiomarkt mehr als stabil

Entgegen der allgemeinen Meinung entwickelt sich der Radiomarkt wirtschaftlich sehr erfreulich für die privaten Anbieter. Digital schlägt doch noch nicht durch, und den Radiomachern ist es gleich, ob Hörer und damit Werbeumsätze über Webcast, Simulcast, Digital oder UKW kommen.

2017 gingen netto an die 900 Mio. € in Radiowerbung, ein Viertel  hiervon  an die ARD.

Die Kostendeckung der bayrischen Privatsender liegt sage und schreibe zwischen  141 und 120 % laut einer BLM-Studie. Dies mag ähnlich auch für andere deutsche Privatanbieter gelten.

Noch höher könnte dieser Wert sein, wenn es den Machern gelingt, ihre Internetangebote besser zu monetarisieren. Radiostationen verfügen über reichlich Content, Kundenwissen und Personal, das vor Ort redaktionell präsent ist. Gespannt darf man sein, wer da auf das richtige Konzept kommt und es erfolgreich umsetzt. Expertise in Digitalmarketing käme hiermit dazu. Es scheint, dass die Zeit, wo Radio in Massen Aktionen vor Ort gerade mit jungen Zielgruppen veranstaltet vorbei ist. Eine Renaissance digital getrieben und präsent umgesetzt vor Ort täte Radio gut.

 

Machen digitale Medien Schüler wirklich schlauer?

 

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet von einer Metastudie der TU München. Diese bietet „… einen systematischen und differenzierten Überblick über den Stand der Forschung, den sie aus der Analyse von achtzig Einzelstudien seit dem Jahr 2000 gewonnen habe. Weil man eine Vielzahl von Studien berücksichtige, könne man zuverlässige Aussagen über die Wirksamkeit des Lernens mit digitalen Medien treffen…“

Nun denn, trug man früher viele Bücher heran, um eine Studie oder eine Prüfungsarbeit zu erstellen, geht man nun ins Internet und holt sich dort seine Daten. Das Ganze nennt sich dann „Meta“. Nur…, die Grundlage ist mau: Mit Sicherheit bietet keine der herangezogegen Teilstudien eine verlässliche und repräsentative Datenbasis. Leider verweist die Pädagogik viel zu häufig bei Wirkungsstudien auf Datensätze mit unter 30 Probanden und – was schlimmer als fehlende Repräsentanz ist – zieht sie keine zeitgemäßen Messtechnologien heran.

Big Data ist gerade im Zusammenhang mit eHealth zu einem Schreckthema geworden. Bei Lernen muss es allerdings doch faszinierend sein, herauszufinden, welche Menschen und Lerntypen auf verschiedene Lernarrangements reagieren. Wo wirkt was in welcher Phase des Lernens: Koginitivieren, Üben, Transfer, Behalten? An Technologien bieten sich hierfür neben Trackingverfahren bekannt aus der digitalen Konsumgüter-forschung Blickverfolgungsmethoden an oder aber auch betriebswirtschaftliche Langzeitmessungen  (ROI). Entsprechende Instrumente wurden in einer Studie bereits vor einigen Jahren vorgestellt Hanke/Poppe, Hightext. Hier wurden – arbeitsrechtlich abgesegnet – Abbrecherquoten in speziellen Phasen von Lernarrangements ermittelt, anonymisierte Lernprofile erstellt, Angaben zu Demographie, Zugriffsorten, -tagen, Dauer der Zugriffe und Wanderpunkte bei Lernhürden ermittelt. Die Messtechnologien stammten hauptsächlich aus der Kosumgüterforschung.)

Die Crux bei eLearning stellt neben einem enorm breiten Feld an Angeboten (welcher Forscher und Lehrer kennt sich in der breiten Palette von Sprachen-, Naturwissenenschafts-, musischen, Sport- und anderen digital aufbereiteten Lernangeboten aus?) eine fehlende Interdisziplinarität  zu der Pädagogik und zu anderen Forschungsfeldern dar. Gemeint sind hiermit betriebs-wirtschaftliche Aspekte, Apparatgestützte und digitale Wirkungsmesstechnologien, Darstellungen von virtuellen Welten.

Welcher Desk Researcher kennt die speziellen Anforderungen beispielsweise im Sprachenunterricht und die dort gelieferten Lösungen? Gerade hier werden im Schulunterricht alles andere als interaktive multimediale Lernmodule von den Verlagen geboten. Zum Einsatz kommen  PDF-Versionen des Schulbuchs.  Versteht der Forschende die Einsatzmöglichkeiten beispielsweise von Videotechnologien im Sportunterricht und kann er nachvollziehen, ob und in welchem Umfang ein Fosbury-Flop besser ausgeführt wird mit solchen Verfahren? Kennt er sich mit Immersions-verfahren aus bei dem Nachvollzug der Wirkung von Atomen und Molekülen im naturwissenschaftlichen Unterricht? Schulunterricht wird in über 30 Fächern und in  den vier Phasen des Lernens organisiert. Das Thema ist schlichtweg zu mächtig, um es vom universitären Schreibtisch zu enträtseln.

Gerade die 3-D-Spielwelt bietet ernome Chancen in der Darstellung von komplexen Sachverhalten. Nur fragen Sie einmal einen Digitalspielehersteller, wohin er seine Kinder schickt. Es wird nicht die Steve-Jobs-Schule von Maurice de Hondt (sein spätes Vaterglück als Einsatzmotivator?) sein, eher die Waldorfschule in der Nähe oder das beste Gymnasium vor Ort. Die innovative Berufswelt sieht keine Anknüpfungspunkte mit Pädagogik-forschern (und leider auch umgekehrt).

Wenn die vorgelegte Studie von einer erheblichen Motivation der Lernenden durch den Einsatz von eLearning und neuen Medien spricht und davon, dass Gesprochenes anderes Gelerntes verstärkt, sind solche Ergebnisse banal. Entscheidend wird angesichts des digitalen Wandels in der Berufswelt zukünftig sein, sich rasch und in ganz speziellen Anwendungsbereichen neues Wissen anzueignen. Schon aus diesem Grund ist der Einsatz in Schulen von eLearning enorm wichtig. Ob und in welchem Umfang KI das alles überflüssig macht, ist Spekulation und wird wohl auch nicht zutreffen. Der Mensch wird immer gebraucht werden.

Wer also mehr in das Faszinosum „Lernen“ hereinschauen möchte, sollte sich intensiv mit den drei Aspekten: Messen, Darstellungen und Interdisziplinariät beschäftigen. Hier wird mit Sicherheit in den nächsten zehn-zwanzig Jahren Neues entstehen. Gerade auch im Bereich Mathematik – und in diesem Zusammenhang sei wieder an 3-D-Welten erinnert. Zahlenlogik lässt sich dort spannend darstellen. Bemerkenswerterweise hat sich die genannte Studie  ausschließlich mit diesem Fach beschäftigt und das nur in weiterführenden Schulen.

Zurück zu den ziemlich uninteressierten Machern in den virtuellen 3-D-Spielelaboren: Unrecht haben diese  mit der Wahl herkömmlich-klassicher Schul- und Unterrichtsformen nicht. Miteinanderlernen, Motivationsaufbau und der Kontakt zu den Unterrichtenden sind weiterhin unerlässlich.

Zur Studie:

https://www.ma.edu.tum.de/en/members/prof-reiss/publikationen/

Beiträge in wissenschaftlichen Büchern und Zeitschriften

Hillmayr, D., Reinhold, F., Ziernwald, L., Reiss, K. (2017). Digitale Medien im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht der Sekundarstufe. Einsatzmöglichkeiten, Umsetzung und Wirksamkeit. Münster: Waxmann.