Ein Kongress für Unternehmen und Personen in und rund um die Personalwirtschaft zeigte jüngst was angesagt ist, wenn es um Nachwuchs und Betriebsorganisation geht.
Wie war das nochmal in den 70er Jahren? Liefen da nicht junge Kollegen im Büro herum, riefen „Peace, Love und Understanding“ und luden zu einem Zug aus der Tüte ein? Ganz ähnlich war die Anmutung bei der #CoCon23, wie der Kongress Twitter-adäquat heißt. Peace, Love und allgegenwärtiges Duzen waren dort auch angesagt. Neu allerdings Anglizismen wie Bridging und Purpose, was in fortschrittlichen Organisationen bedeutet, mit unterschiedlichen Denkstrukturen und -Kulturen zu reden und mit ihnen zu einem Fortschritt zu kommen. Mit Fortschritt ist gemeint sozial und ökologisch Gutes zu tun. Was an sich bestimmt nicht schlecht ist. Ohne jetzt über den Arbeitseifer der Generation Z herziehen zu wollen: Reicht es alleine solche Forderungen zu stellen, lassen die bisherigen Berufsbiografien der in ‚HR‘ Tätigen Einsatz, Durchhaltevermögen und Erfahrung erkennen?
Auch stellt sich die Frage, welche Branchen in der zur Zeit stattfindenden Transformationsära besonders Bedarf haben, welche die höchsten Wertschöpfungsquoten haben und welche eher transformationsbereit – und willig sind.
Wir waren jung und brauchten das Geld
Jüngst in Gesprächen mit Baby Boomern eine Umfrage gestartet. Womit haben die Befragten in ihrer Jugend und vor dem definitiven Job – obwohl es dort auch durchaus alle drei oder fünf Jahre einen Wechsel geben kann – Geld verdient? Erfahrungen wurden gemacht als junge Menschen in folgenden Branchen und mit solchen Aktivitäten, gearbeitet bei: Geldverleiher, ihm Katzenstreu und Futter gekauft (und dabei arme und bedürftige Menschen erlebt), im Freibad als Aufpasser für wenige DM aufgepasst (und Ertrinkenden nicht bemerkt), im Supermarkt Regale aufgefüllt, Getränkewagen in der Hitze leergeräumt und an der Kasse den Dreisatz angewendet um den Preis für 550 Gramm Äpfel zu ermitteln, wieder mit Geld zu tun gehabt in einer Bankorganisation, statt Kontoauszüge auf fehlende Angaben zu kontrollieren, den Damen Englisch beigebracht, im Fernmeldeamt Telefonate vermittelt oder Telegramme bearbeitet, in einer Baumschule Betonplatten verlegt und auf dem Friedhof Gräber gepflegt (tja, die Kaninchen …) und der Knaller wie ein Kollege berichtet: bei einem Kondomhersteller in den Ferien gearbeitet (den Witz mit der Qualitätskontrolle ersparen wir uns 🙂 )
Bildungs- und Erwerbsbiografien
Einer der Befragten plauderte aus seinem Umfeld und nannte das Beispiel von mit der Gehaltsstufe 14 im öffentlichen Dienst bezahlten jungen Frauen, die das Verhalten junger Menschen analysieren und Ratschläge geben. „Toller Job“ wie er meint, der auch eine große Unabhängigkeit ermögliche. Nicht so erstaunlich findet er, dass in diesem Berufsfeld hauptsächlich weibliche Personen arbeiten, denn welcher junger Mann legt sein Abitur schon mit einer „EINS“ ab? Bemerkenswert findet er auch, dass aus diesem Personenkreis sehr wenig Kritik an dem Arbeitsumfeld und den Vorgesetzten gegenüber geäußert wird. Haben wir da gute Voraussetzungen für eine Organisationstransformation? Diese Frage stellt sich bestimmt auch in zahleichen Branchen und im öffentlichen Dienst.
Auslandspraktika, internationale Studienplätze, Erbengeneration
Auf dem eingangs erwähnten HR-Kongress waren erstaunlich viele junge Damen unterwegs. Schaut man nach deren Profil auf Berufsplattformen wie Xing oder Linkedin, darf man sich wundern, wie häufig Studienplätze und Praktika im Ausland aufgeführt werden. Ganz billig sind solche Aufenthalte bekanntlich gerade nicht. Schön, wenn die Eltern da (vor-)finanzieren. Haben Menschen der jetzigen Erbengeneration genügend Biss, um eine zielorientierte Berufskarriere zu realisieren, wenn der finanzielle Druck im Gegensatz zu den vorherigen Generationen fehlt? Zurück zu dem Kongress: von 272 Sprechern:Innen haben als Arbeitgeber 22 solche aus traditionellen Unternehmen und nicht aus Service liefernden Transformations-Startups oder ähnlich. Die ‚gestandenen‘ Unternehmen hießen beispielsweise DB, Schenker, Commerzbank, Fresenius oder Wileda.
Das stellt sich die Frage, welche Branchen und Unternehmen am meisten eine Transformation benötigen auch und vor allem nach deren Beitrag zur Wertschöpfung. Neun Tipps für erfolgreiche Transformationsprozesse findet man hier.
Immer nur Gewinn?
Was früher Gmax lautete – gemeint ist maximaler Gewinn für Wirtschaftsunternehmen – lautet nun ‚Die Welt retten‘. Wollen wir hoffen, dass die Rechenkünste auch dafür reichen.
In Deutschland tragen mehrere Branchen maßgeblich zur Wertschöpfung bei. Man möge einmal prüfen, welche die erwähnten Entwicklungen beim Personal umsetzen. Hier die wichtigsten Branchen:
Automobilindustrie: Die deutsche Automobilindustrie ist weltweit bekannt und spielt eine Schlüsselrolle in der deutschen Wirtschaft. Sie umfasst Hersteller von Autos, Nutzfahrzeugen, Komponenten und Zulieferern.
Maschinenbau: Der Maschinenbau ist eine führende Industrie in Deutschland. Deutsche Maschinen und Anlagen sind international gefragt und werden in vielen Bereichen eingesetzt, wie z.B. Automatisierungstechnik, Robotik, Werkzeugmaschinen und Anlagenbau.
Chemische Industrie: Die chemische Industrie ist eine wichtige Branche in Deutschland, die sowohl chemische Grundstoffe als auch Spezialchemikalien herstellt. Deutsche Unternehmen sind führend in Bereichen wie Pharmazeutika, Kunststoffe, Farben und Lacke.
Elektrotechnik und Elektronik: Deutschland ist ein bedeutender Hersteller von Elektrogeräten, elektronischen Komponenten und Systemen. Die Branche umfasst verschiedene Bereiche wie Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräte, Telekommunikation und Industrieelektronik.
Finanzdienstleistungen: Der Finanzsektor in Deutschland umfasst Banken, Versicherungen, Investmentgesellschaften und andere Finanzdienstleister. Wobei Frankfurt am Main ein wichtiges Finanzzentrum in Europa ist.
Was die Notwendigkeit zur Transformation anbelangt, sind insbesondere folgende Branchen betroffen:
Der Einzelhandel wandelt sich durch den zunehmenden Online-Handel und den veränderten Verbraucherverhalten. Traditionelle Einzelhändler müssen digitale Strategien entwickeln und ihre Geschäftsmodelle anpassen.
Gesundheitswesen: Die demografische Entwicklung und der technologische Fortschritt stellen das Gesundheitswesen vor große Veränderungen. Die Integration von Digitaltechnologien und die Effizienzsteigerung sind wichtige Transformationsbereiche.
Mobilität: Die Mobilitätsbranche steht vor der Herausforderung, sich auf neue Trends wie Elektromobilität, autonomes Fahren und Mobilitätsdienste einzustellen.
IT und Software: Die Digitalisierung schreitet voran, und Unternehmen in allen Branchen müssen ihre IT-Infrastruktur und Softwarelösungen anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und neue Geschäftschancen zu nutzen.
Was die eingangs erwähnte Tüte anbelangt, ja, die gab es auch in Offenbach. Nur dort war Veganes drin – da schließt sich der Kreis, Kraut ist bekanntlich … ja auch Kraut.
Dieser Artikel erschien in einer gekürzten Version auf frankfurtlive.