Internationale Werbung – hilft da KI?

Mit dem Aufkommen künstlicher Intelligenz stellt sich bekanntlich die Frage, ob und inwieweit neue Anwendungen aus diesem Bereich
zu Kostenersparnis und mehr Effizienz insgesamt führen.

Ein kleiner Test mit zur Verfügung stehenden Anwendungen zeigt Umsetzungen, Pros und Cons. Es geht in dem Beispiel um die Frage, ob sich durch digitale Anwendungen standardisierte Werbung mit automatisch erstellten Werbemitteln länderübergreifend erzeugen lässt. Eine weitere intermediale Aufgabenstellung lautete „Mache daraus einen Funkspot!“

Ein Versuch als Testmodell wurde produziert mit einer Anzeige in der französischen regionalen Tageszeitung SudOuest, Samstagausgabe, Gesamtauflage etwa 200.000, ganzseitig. Inserent ist Système U, eine genossenschaftlich geführte Lebensmitteleinzelhandelskette.

Konkret beworben wird im Rahmen einer Aktionswerbung „1A-Schinken“ zum Selbstkostenpreis.

Umsetzung 1:
Übersetzung des Anzeigentextes mit Google Lense unter Beibehaltung der Grafik.
Ergebnis: Akzeptable Übersetzung. Die Grafik weist sichtbare Textüberschreibungen auf.
Gesetzliche Vorgaben im Erscheinungsland wie Höhe der Mehrwertsteuer und Ernährungspflichtangaben sind in Deutschland anders bzw. nicht relevant.

Das Merkmal der Werbung „Zum Selbstkostenpreis“ ist in Deutschland kaum verbreitet. „20 Prozent auf alles“ hingegen ja.
Siehe Slogan Praktiker. Zu prüfen ist, ob deutsche rechtliche Wettbewerbsbestimmungen eingehalten werden.

Umsetzung 2:
Für eine intermediale Umsetzung des Motivs nämlich in Funk wurde die Anwendung RadioAdmaker genutzt. Diese ist bei Radio Gong 96,3 München kostenlos im Web eingebunden. Als Ergebnis erzeugte die Plattform Texte wie:

„Einkaufen muss nicht teuer sein bei LokalKoop Ihr Lebensmittelgeschäft um die Ecke. Aktuell: 100 Artikel zum Selbstkostenpreis. Wir verdienen nicht daran. 1a Kochschinken für zwei Euro neundvierzig. Kilopreis keine sechzehn Euro. Lokalkoop, Ihr Laden mit fairen Preisen.“

oder

„Wer seinem Geldbeutel was Gutes tun möchte, ist bei LokalKoop genau richtig! Wir bieten dir 100 Artikel zum Selbstkostenpreis an – ohne Haken oder versteckte Kosten. Dein neues Lieblingsgeschäft mit fairer Preispolitik!“

Auf der Seite des Radiosenders werden bei der Erstellung des Vorschlagtextes gleich Reichweiten und Kosten für die Schaltung des Werbespots geliefert.

Umsetzung 3:

Den Namen für eine LEH-Marke „LokalKoop“ kreierte ChatGPT. Ganz glücklich wird man damit nicht unbedingt. Hierfür benötigt man dann sicherlich kreative Texter und Patentrechts-Experten..

Umsetzung 4:

Die Audio-Gestaltung liefert eine Auswahl von Stimmen, Hintergrundmusik und Tonalities nach neutral, positiv, etc. …

Ergebnis: Die Stimmen klingen monoton, bieten keine Betonung bestimmter Wörter und Aussagen. Insgesamt fehlen Soundeffekte für den Spot, die Möglichkeit eines Einsatzes wechselnder Stimmen in einem Dialog und vor allem die Kreation eines Soundlogos. Eine Umsetzung der Werbeidee „Reine Mathematik“ ausgedrückt in der tabellarischen Printdarstellung könnte durch Soundeffekte wie Kassenklingeln, Abakus oder Ähnliches erzeugt werden. Eine zu erfindende mit Rechenkünsten begabte Kunstperson könnte noch ihre Kommentare abgeben nach dem Motto „Rechnet mal nach! Die verdienen da echt nichts dran. Das finde ich fair!“ Nachbearbeitet werden müßten in diesem Beispiel auch noch gesetzliche Vorgaben wie die Nennung eines Kilopreises.

Hier geht es zu dem fertigen Demo-Hörfunkspot

Für die Erzeugung weiterer Stimmbeiträge bieten sich derzeit 23 Voice Cloning-Plattformen an wie sie Michel Colin von Radiopub  aufführt.

Gesamtfazit:

Es wurde automatisiert durch RadioAdMaker eine Textversion produziert mit 26 Sekunden Länge. Vorgesehene weitere Textinhalte wurden von der Anwendung unterdrückt. Zusätzlich müssten noch die Elemente Kilopreis, Soundeffekte und zusätzlich ein Namensclaim der fiktionalen Handelskette eingefügt werden, was natürlich Sekunden über die 30 ‚kostet‘.

Insgesamt zeigt dieses kurze Beispiel, wie sich eine Handelsanzeige international mit öffentlich zur Verfügung stehenden Tools erzeugen lässt. Die Ergebnisse sind akzeptabel und bieten zumindest Möglichkeiten für eine Weiterentwicklung oder zumindest Anstöße für eine Werbegestaltung einer nationalen Kampagne.

Die Möglichkeiten für eine intermediale Adaption des Motivs hier mit dem Beispiel Radiowerbung eröffnet interessante Ansätze für Neugeschäft und die Akquisition. Radio Gong nutzt bereits diese Herangehensweise zur Generierung neuer Kunden.

Ein Beispiel wäre eine Umsetzung eines linksrheinisch bekannten Motivs im Radio, in dem ein Lehrling seinen Chef anruft und über sensationelle Angebote eines Mitbewerbers in Kenntnis setzt wie zum Beispiel „Lidl bietet Erdbeeren für 1 Euro 49“ und der ‚Patron‘ dann meint „dafür pflücke ich noch mal nicht!“ (oder so ähnlich).

Wie es so ist mit Witzen, die sich häufig schlecht übersetzen lassen … Viele Marketing- und Werbestrategien lassen sich hingegen international adaptieren. Kreative Anregungen bieten sie allemal. Und ein Blick ins Internationale schadet bestimmt keinem Mediaberater.

Diese Aufforderung sollten sich vor allem auch die Programmmacher in den Sendern zu Herzen nehmen – auch und gerade wenn es um Radio geht. Der Blick muss da nicht immer in Richtung USA gehen. Kulturell sind die Unterschiede zu der alten Radionation doch erheblich.  Insgesamt braucht das deutsche Formatradio dringend einen Relaunch. Eine andere Machart in dem Medium könnte durchaus Elemente wie Engagement, Meinung, Interaktion beinhalten und hin zu einer eigenständigen nationalen Funk-Social Media-Plattform gehen. Das Angebot „Funk.net“ der ARD setzt da ja bereits Akzente.

Noch eine kleine Anmerkung zu kulturellen Unterschieden und mediaplanerischen Skills: Wenn die Lebensmittelkette als Produktbeispiel gerade „1A-Kochschinken“ nennt aus einem Angebot von 150 Artikeln zum Selbstkostenpreis hatte ihre Mediaagentur möglicherweise eine bestimmte soziodemografisch-politisch Konsumentengruppe im Auge. Im Zielgebiet wird eher stramm-konservativ gewählt, Schweinefleisch und weltberühmter Médoc getrunken. Nicht umsonst gibt es in Frankreich eine Bewegung der Aperitif-Abende „Rotwein und Salami“. Haben wir hier es bei der Printanzeige mit indirekter Meinungsbildung zu tun?