Die bestimmt größte Digitalmesse Europas „dmexco“ besuchten in der vergangenen Woche sage und schreibe 41.000 Menschen in Köln. Auf 18 Bühnen sprachen 570 Referenten verschiedener Fachrichtungen über zumeist digital getriebene Marketingthemen, 1000 Aussteller präsentierten ihre Produkte und Dienstleistungen. Digital wird in Deutschland durch Entwicklungen aus dem US-amerikanischen Markt stark beeinflusst, so stand die dmexco unter dem englischen Akronym C.A.R.E. was für „curiosity, action, responsibility und experience“ steht. Ein Schelm sagt dazu „Wen ‚cared’s/kümmert’s?“ Gerade Sorgfalt ist bekanntlich angebracht, wenn es um Datenschutz, Privatsphäre und Urheberrecht geht. Es liefen zahleiche Gralshüter umher mit ihren CRM-Kelchen und programmatic Versprechungen (Kundenbindung ist damit gemeint und die Verteilung mit einer in Neudeutsch formulierten computergestützten „Adressierung“ von Inhalten und Werbung).
Wohltuend anders stellte sich die Innovationsmesse NOVAQ in Bordeaux dar. Hier ging es um konkrete Projekte, die uns unmittelbar betreffen. in der Region Nouvelle Aquitaine, die sich mehr und mehr zu einer Vorzeigeregion Frankreichs entwickelt, befinden sich zahlreiche internationale Unternehmen aus der Luftfahrt-, Raumfahrt-, Gesundheits- und Ernährungsbranche. Anders als in Köln zeigten die in Bordeaux ebenfalls letzte Woche präsenten Anbieter Innovationen für Gesundheit, Meeresbiologie und Raumfahrt mithilfe auch von Künstlicher Intelligenz, Robotik und virtueller Realität.
So simulierte ein junges Unternehmen dreidimensional, wie eine Marslandung trainiert wird und Arianespace-Chefin Luce Fabreguettes berichtete von der Umsetzung komplizierter Planungsvorbereitungen und von Abläufen , die notwendig sind, um Satelliten in Umlauf zu bringen. Das französische Unternehmen ‚cortexproductions‚ und sein deutscher Chef, Andreas Koch, zeigte mit seiner Mannschaft ein eindrucksvolles 360-Grad-Leinwand-Projekt und wie Prozesse im menschlichen Körper ablaufen. In einem Zylinder können bis zu 30 Zuschauer gemeinsam erleben, wie Blutkörperchen funktionieren. Gleichzeitig werden sie in Lage gesetzt, diese „anzufassen“ und auszuprobieren.
Weitere Akteure stellten unter anderem Lösungen für die Bewältigung des Plastikproblems in Meeren, für die Vermeidung von Überschwemmungen, Antworten zur Behebung von Verkehrsstaus und für die Linderung spezieller gesundheitlicher Probleme von Behinderten vor. Umgangssprache war hier Französisch. Zugebenermaßen in einem wesentlich kleineren Ambiente, dafür konkret, handfest und am Ufer der Garonne mit einem atemberaubenden Panorama.
Insgesamt also eine gelungene Messe für greifbare Innovationen in einem überschaubaren Rahmen – es wäre bestimmt empfehlenswert, solche Veranstaltungen auf einen binationalen deutsch-französischen oder gleich auf einen europäischen Rahmen zu heben. Nicht zuletzt bestehen Partnerschaften zwischen den einzelnen Regionen und Städten. Und da werden einige zurecht rufen „Vive l’Europe!“ oder auch gerne auf Englisch „Make Europe Great again!“
Andreas Koch, Geschäftsführer von cortexproductions (Gewinner des deutsch-französichen Innovationspreises 2018) im Gespräch mit Helmut Poppe auf dem salon de l’innovation NOVAQ in Bordeaux.