Dokus statt Magazine – das reicht bei weitem nicht

Warum gibt es eigentlich nur eine überschaubare Anzahl engagierter Medien in Deutschland, die sich um Meinungsbildung kümmern ohne in Populismus zu verfallen? Gerade Radios sind hier gefragt und hätten eine Chance, in einer Landschaft, in der Emotionen und Zeitbudgets in soziale Medien abwandern, Aufmerksamkeit rück zu erlangen und sich gleichzeitig in einem anbahnenden Meinungs- und Stimmungsumfeld neu zu positionieren.

Was tun Radiomacher im Wettbewerb mit den Netzanbietern? Genügen Kommentare, Magazine und Dokumentationen journalistisch aufbereitet alleine? Birgt das Format Talk nicht eine Chance, das Medium Radio wieder zu einem „Bookmark“-Lebensbegleiter werden zu lassen, Meinungsblasen aufzulösen, einem Generationenabriss entgegen zu wirken? Beispiele, wie das in anderen Ländern funktionieren kann, gibt es zuhauf. Warum steht da Deutschland hintenan?

In der Videocast-Serie #RadioSalesWeekly, die sich eigentlich eher mit Marketingfragen in Audio und Radio beschäftigt, nennt Christophe Montague, ehemaliger Deutschland-Chef von Radio Energy, als Grund die geschichtliche Vorbelastetheit des deutschen Radios. Den Machern sei die politische Wirksamkeit des Mediums auch zu brisant. Nun denn, vielleicht liegt es auch daran, dass neben einem Blick auf bestehende Erfolgskonzepte des Wettbewerbs der Leidensdruck noch nicht groß genug ist, eine gewisse Statik vorherrscht (an die 00er-Jahre der Printreaktionen auf die Webkonkurrenz sei erinnert) und Journalisten alleine das Thema nicht stemmen können?

Auszug aus einem Interview mit Manfred Krupp

https://www.dwdl.de/interviews/83743/hrintendant_an_magazinmacher_lasst_euch_doch_mal_drauf_ein/

„HR-Intendant an Magazinmacher: „Lasst euch doch mal drauf ein!“

Stecken Sie nicht in einem Widerspruch, wenn Sie einerseits für die Stärkung der Mediathek plädieren, aber andererseits das inhaltliche Engagement auf Drittplattformen wie YouTube sogar noch ausweiten?

In Summe weiten wir unser Engagement auf Drittplattformen nicht aus, sondern durchlaufen eher eine Konzentration aufs Wesentliche. Momentan ist eines unserer größten Projekte die Entwicklung einer Portfolio- und Distributionsstrategie. Wir müssen nicht mit jedem Produkt auf jeder Plattform vertreten sein. Früher hatten wir gerade mit Blick auf Social Media die Strategie „Lasst tausend Blumen blühen“. Inzwischen haben wir ungefähr die Hälfte unserer digitalen Produkte wieder eingestellt, darunter etliche Instagram- und Facebook-Profile einzelner Wellen oder Sendungen. Wir halten es für sinnvoller, wenn die Inhalte auf wenige starke Marken wie etwa die „Hessenschau“ oder überregional die „Tagesschau“ einzahlen. Außerdem ist jetzt die nächste Stufe erreicht, wo es insgesamt stärker darum gehen muss, wie wir die Nutzerinnen und Nutzer von Drittplattformen auf unsere eigenen Plattformen zurückleiten.“